Apleona-CEO Jochen Keysberg hält wenig von digitalen Vorzeigeimmobilien, die hohe Kosten verursachen, am Ende aber doch nur zu Datenfriedhöfen verkommen. Für die Digitalisierung des Gebäudebetriebs setzt er auf cloudbasierte, modulare Systeme mit offenen Schnittstellen. Dabei benötige jeder Anwender immer den richtigen Ausschnitt aus dem Leistungsspektrum.
Es nutze wenig, Sensorik zu verbauen,sich dabei aber keine Gedanken über die Verwendung der Daten zu machen, sagte Keysberg am Samstag vor der Expo Real auf dem 15. Irebs-Immobiliensymposium in Regensburg. „Viele Smart-Building-Vorzeigeprojekte werden zu Datenfriedhöfen: Die Daten werden zwar irgendwo hingeleitet, aber am Ende weiß niemand, wozu sie da sind.“ Den Versuch, Building Information Modeling (BIM) in der Betriebsphase des Gebäudes anzuwenden, sieht Keysberg als wenig zielführend an. „Ich brauche im Betrieb keine Millimeterangaben aus dem Gebäudemodell. Wir verwenden selbst ein digitales Gebäudemodell – aber ein extrem einfaches.“ Die Datenpflege eines zu feingliedrigen digitalen Zwillings sei in der operativen Phase einer Immobilie zudem schlicht nicht finanzierbar.
„98% der Immobilien, mit denen wir im Tagesgeschäft zu tun haben, lassen sich nicht als Smart Buildings bezeichnen“, sagte Keysberg. Eine praktikable Lösung, auch in Bestandsgebäuden digitale Gebäudedienste kostengünstig anbieten zu können, sieht Keysberg in cloudbasierten, modularen IT-Systemen, an die sich über offene Schnittstellen viele Dienstleister andocken können. Apleona selbst war zu diesem Zweck vor einem Jahr eine Entwicklungspartnerschaft mit IBM Business Services eingegangen, um seinen Kunden mehr digitale Gebäudelösungen anbieten zu können.
Lohnend sei Gebäudedigitalisierung in seinen Augen jedoch nur, fuhr Keysberg fort, wenn entweder enorme Effizienzgewinne entstehen oder sich eine Lösung sehr schnell skalieren, also an viele Nutzer ausrollen lässt. „Es lässt sich nicht immer die Komplettlösung verkaufen“, fügte Keysberg hinzu, „die Digitalisierung muss immer genau auf die jeweilige Immobilie und ihre Nutzer abgestimmt sein.“ Als Beispiele aus dem Tagesgeschäft nannte Keysberg eine Sensorik-Anwendung für eine deutsche Großbank sowie den neuen Siemens- Campus in Erlangen, für den Apleona ab 2020 zuständig ist und dort unter anderem die Flächennutzung optimieren wird.
„Es ist kein Zufall, dass ich als Beispiele große Corporates genannt habe“, stellte Keysberg fest, „die Fixkosten von digitalen Gebäudesystemen sind extrem hoch. Da lohnt es sich meist nicht, wenn Sie nur zwei Stockwerke digital ausstatten.“ Aus der Nutzung digitaler Dienste wären andererseits für alle in den Gebäudebetrieb eingebundenen Partner auch Einsparungen zu realisieren, da weniger Nachkontrollen nötig sind: „Je mehr durch Erhebung digitaler Daten eine Echtzeitüberwachung des Gebäudes und der erbrachten Dienste möglich ist, desto weniger benötigen wir klassische Governance-Modelle.“ Ulrich Schüppler, Immobilien Zeitung