„Die Digitalisierung macht unsere Prozesse im Recruiting und Onboarding schneller und unkomplizierter"

Personalrecruiting, Personalbindung, Personalprozesse, Mitarbeiterführung und -förderung sowie Knowhow-Transfer im Unternehmen – die klassischen Aufgabengebiete im HR-Bereich sind in Zeiten von Fachkräftemangel, Digitalisierung und demografischem Wandel im Umbruch. Heinrich Beck, HR-Chef der Apleona Gruppe, beschreibt im Interview wie der führende Immobiliendienstleistern mit den Veränderungen umgeht und für die Weiterentwicklung seiner Personalstrategie und HR-Prozesse nutzt.

Die Antworten von Heinrich Beck sind Teil der Titelstory „HR-Chefs verraten ihre Strategien“ in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Immobilienwirtschaft.


Herr Beck, erläutern Sie bitte Ihre Strategien im Personalbereich und welchen Stellenwert diese bei Apleona haben.

Fachkräftemangel, demografisch bedingt sinkende Absolventen- und Bewerberzahlen führen zu einem ausgeprägten Bewerbermarkt und stellen Unternehmen insbesondere der Immobiliendienstleistungsbranche mit deren spezifischen ökonomischen Bedingungen vor große Herausforderungen in Hinblick auf Anwerbung und auf Bindung von Arbeitskräften.

Apleona reagiert mit einer Erhöhung der Ausbildungsquote und investiert erheblich in Fortbildung und Qualifizierungsmaßnahmen sowie in das Employer Branding und Recruiting.

Bewerbern wird möglichst schnell ein konkretes Angebot unterbreitet. Dazu gehört, dass die operativen Einheiten die offenen Stellen melden, in einer ganz anderen Art und Weise aktiv in den Recruitingprozess verpflichtend eingebunden werden. Das Prüfen von Bewerbungsunterlagen und das zügige Führen von Bewerbungsgesprächen haben für unsere Führungskräfte absolute Priorität. Nicht zuletzt dadurch wurde bei Apleona auch der Recruitingprozess deutlich beschleunigt, d.h. der Zeitraum vom Eingang einer Bewerbung bis zum eigentlichen Abschluss eines Arbeitsvertrags ist deutlich verkürzt.   

Zudem haben wir die Toleranz und Durchlässigkeit für Bewerber, die nicht 100% den Wunschanforderungen für offene Stellen entsprechen, deutlich erhöht, d.h. Bewerbungen werden längst nicht mehr anhand von Idealprofilen „vorsortiert“, sondern jede wird von qualifizierten Recruitern individuell geprüft. Bewerber mit Brüchen im Lebenslauf oder fehlenden Qualifikationen haben im Bewerbungsprozess so deutlich mehr Chancen, offene Stellen zu besetzen und sich über entsprechende Qualifizierungsmaßnahmen oder Learning on the Job entsprechend zu bewähren.

Personalbindung ist für Apleona mindestens so wichtig, wie das Recruiting. Neben einer fairen, marktüblichen Bezahlung sind Unternehmenskultur und Arbeitsklima entscheidend. Der Apleona Claim „Realising Your Potential“ gilt für Apleona auch als Arbeitgeber: Engagement, Übernahme von Verantwortung, das flexible und schnelle Lösen von Problemen, in dem Sinne unternehmerisches Handeln wird bei Apleona nicht nur begrüßt, sondern ausdrücklich gefördert. Zur Dienstleistungskultur bei Apleona gehört immer ein Ermessens- und Handlungsspielraum für die Teams und Mitarbeiter. Das schafft Abwechslung und eine hohe Identifikation mit der gestellten Aufgabe, dem eigenen Unternehmen und Verantwortung gegenüber dem Kunden, eine Freiheit, die unsere Mitarbeiter sehr schätzen.

Durch das starke Wachstum von Apleona ist es möglich, gerade in den operativen Bereichen innerhalb kürzester Zeit Verantwortung und neue Herausforderungen zu übernehmen, d.h. die Durchlässigkeit in den Kundenportfolios nach oben auf der Karriereleiter ist sehr hoch.

Welche Rolle spielt dabei das Thema digitale Transformation und welche Auswirkungen hat diese auf das Führungsverständnis bei Apleona?

Mitarbeiter und Bewerber erwarten, dass Apleona als einer der führenden europäischen Immobiliendienstleister auch bei der Entwicklung von digitalen Kunden- und Nutzerlösungen sowie bei der Digitalisierung der eigenen Organisation und Prozesse eine Vorreiterrolle einnimmt.

Apleona hat im April 2018 mit IBM eine Entwicklungspartnerschaft für digitale und cloudbasierte Anwendungen im Immobilienmanagement geschlossen. Ziel der Kooperation ist es, zusammen mit IBM und Großkunden operativ einsetzbare Anwendungen zu entwickeln, diese im Praxisbetrieb in von Apleona gemanagten Portfolios zu testen und anschließend als Standardanwendung flächendeckend bei Kunden auszurollen. Daneben ist der Aufbau einer komplett cloudbasierten digitalen Plattform, genannt das Apleona Digital Ecosystem, der zweite wesentliche Baustein der Digitalisierungsoffensive. Sie sichert die Anschlussfähigkeit für viele weitere datenbasierte Lösungen und Prozesse, insbesondere auch für die internen.

Teil der Digitalisierungsoffensive sind z.B. die flächendeckende Einführung von Kollaborations- und Kommunikationstools, die die Zusammenarbeit und Kommunikation im Unternehmen interaktiver, schneller und weniger hierarchisch verändern werden.

Für die Digitalisierung der Personalprozesse wird Apleona die führende HR-Cloudsoftware SAP SuccessFactors einführen, die alle wesentlichen HR-Prozesse schneller, effizienter und transparenter abwickelt.

Bleiben wir beim Stichwort Digitalisierung: Wie wirkt sich diese auf das Recruiting in Ihrem Unternehmen aus? Gibt es bereits Pläne, via Chatbots und WhatsApp mit potenziellen Talenten ins Gespräch zu kommen?

Apleona nutzt mit Arbeitgeber- und Unternehmensprofilen diverse soziale Medien zur Positionierung als Arbeitgeber. Daneben werden die von den diversen sozialen Medien angebotenen Recruitingtools eingesetzt oder potentielle Kandidaten über die eigenen Recruiter direkt angesprochen. Initiativen aus der eigenen Belegschaft werden aktiv unterstützt und genutzt (z.B. XING-Gruppen wie „Klimatechniker aus Leidenschaft“). Über SAP SuccessFactors wird der eigentliche Bewerbungsprozess deutlich vereinfacht und beschleunigt.

Inwiefern schließt Ihre Recruiting-Strategie auch ein mutiges und kreatives Employer Branding mit ein? Welche Pläne haben Sie, um Ihr Unternehmen als attraktiven Arbeitgeber zu präsentieren?

Apleona wird weiterhin auf eine aktive Präsenz in sozialen Medien setzen und v.a. auch Initiativen der eigenen Belegschaft mit eigenen Chats unterstützen und sich dort als attraktiver Arbeitgeber positionieren. Zum Marketingmix gehören daneben auch viele klassische Kommunikationskanäle und -maßnahmen, die insbesondere auch die regionale Struktur und den Bedarf an Arbeitskräften sowie die große Bandbreite an Berufen und Positionen berücksichtigt. Dazu gehören Recruitingmessen, (regionale) Onsite-Werbung z.B. von Bau- oder Supermärkten oder an Einkaufswagen, Radiowerbung oder auch Bandenwerbung in Fußballstadien. Ein weiteres Element sind interne Aktionen, wie z.B. „Mitarbeiter werben Mitarbeiter“, die sehr zufriedenstellende Erfolgsquoten haben.

Welche Ihrer Personalstrategien stellt Sie vor die größten Herausforderungen? Worin bestehen diese Herausforderungen?

Die durchgängige Digitalisierung der Personalprozesse erfordert erhebliche Vorbereitung und gute strategische und konzeptionelle Vorbereitung, um Akzeptanz bei den Anwendern, d.h. den Kolleginnen und Kollegen, herzustellen. Sie müssen einen klaren Mehrwert bieten, z.B. schnellere Bearbeitungszeiten ermöglichen und deutlich einfacher im Handling sein. Ein schlechter Prozess wird digital nur noch schlimmer und ein nicht durchgängig digitaler Prozess schafft mehr Verdruss als Motivation. Ein absolutes No-Go ist es zum Beispiel, Dokumente zwischendurch zum weiteren Bearbeiten, etwa für eine Unterschrift, ausdrucken und dann wieder einscannen zu müssen.

Inwiefern werden Kunden / Mitarbeiter in den Dialog zur Entwicklung der Personalstrategien einbezogen (Stichwort Co-Creation)?

In unseren jährlich stattfindenden, ganztägigen Veranstaltungen, den „Apleona-Dialogen“, werden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aller Bereiche und Hierarchieebenen in Workshops gerade zu Themen wie Recruiting, Mitarbeiterbindung und Unternehmenskultur befragt – viele der dort gewonnenen Erkenntnisse fließen in Konzepte und in das Tagesgeschäft der HR-Verantwortlichen ein. Zum Beispiel wurden konkrete Vorschläge zum Employer Branding, wie etwa regionale Radiowerbung, aufgegriffen und umgesetzt.

Wie lässt sich der Erfolg von Personalstrategien für Sie messen?

Apleona setzt u.a. auf Mitarbeiterbefragungen sowie auf die Befragung von Mitarbeitern, die unser Unternehmen verlassen. Und wir messen die Durchlaufzeit von Bewerbungen sowie andere klassische HR-Kennzahlen (s.u.)

Welche Kennzahlenauswahl beeinflusst den Erfolg im HR-Controlling?

Die „Klassiker“ haben nach wie vor Gültigkeit, wie z. B. die Fluktuationquote und die Betriebszugehörigkeit. Diese ergänzen wir durch gezielte Analysen von Mitarbeiterbefragungen.