„Unsere Kunden erwarten von digitalen Lösungen eine bessere User Experience“

In der Expo-Real-Ausgabe des Facility Manager gibt Management-Board-Mitglied Dr. Gert Riegel ausführlich Auskunft über die Entwicklungskooperation von Apleona und IBM und den Bedarf unserer Kunden in punkto digitale Services. Und er erläutert, warum digitale Lösungen vor allem in den Immobilienportfolios von Apleona`s internationalen Großkunden Sinn machen.

Lesen Sie das vollständige Interview hier:

Immobiliendienstleister als Digitalisierungspartner


Im Mai gab der Facility-Services-Anbieter Apleona den Start einer Partnerschaft mit dem IT-Giganten IBM bekannt. Ziel ist die gemeinsame Entwicklung digitaler und cloudbasierter Anwendungen im Immobilienmanagement. Wir wollten es genauer wissen und sprachen über die Hintergründe mit Dr. Gert Riegel, Mitglied des Management Board von Apleona, der das FM-Geschäft mit internationalen Großkunden verantwortet.

Das Schlagwort Digitalisierung ist in aller Munde. Welchen konkreten Bedarf haben Großunternehmen im FM-Bereich im Hinblick auf die Digitalisierung?

Zum einen den Bedarf an Lösungen, die sich auf Verbesserungen der Nutzung von Gebäuden und Anlagen richten, also in der Regel an die eigenen Mitarbeiter und Gäste der Immobilien. Ziel ist die bessere „User Experience“, zum Beispiel durch die optimierte Buchung und Belegung von Räumen oder Parkraum über Sensorik oder ein komfortableres Beschwerdemanagement durch eine Incident-App. Gerade Großkunden legen dabei großen Wert auf individuelle, auf die jeweiligen Bedarfe hin entwickelte und in der Regel auch im eigenen Look and Feel gebrandete Lösungen.

Zum anderen erwartet diese Kundengruppe von uns mittelfristig, die bestehenden technologischen Möglichkeiten zu nutzen, um aus der Masse an Daten, die aus Immobilien und über deren Nutzer sowie ihr Verhalten schon heute in Echtzeit generierbar sind, datengestützte Produkte und Services zu entwickeln. Dabei geht es vorrangig um datengestützte Entscheidungshilfen zur Portfoliosteuerung oder Instandhaltung und um mehr Transparenz in der Leistungserbringung.

Gibt es dabei international Unterschiede? Wie sieht die Sachlage in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern aus?

Wir betreuen mit der ICC-Organisation Großkunden mit länderübergreifenden, Portfolios. Die haben ja gerade den Anspruch an die Vereinheitlichung der Standards, also zum Beispiel der SLAs, um die Qualität der Leistungserbringung über alle Ländergrenzen hinweg zu harmonisieren und einheitlich steuern zu können. Digitalisierung wird dabei in Zukunft einer der entscheidenden Treiber sein. Dieser Anspruch unterscheidet sich nicht, egal ob unser Kunde seinen Sitz in Deutschland, den USA oder London hat.

Möglicherweise werden einige Technologien an manchen Standorten, etwa weil die Lohnkosten deutlich höher sind, früher eingeführt. Das ist ein Phänomen, dass man schon heute, etwa in der Parkraumbewirtschaftung oder beim öffentlichen Nahverkehr, beobachten kann. Während in Mitteleuropa längst Automaten den persönlichen Service abseits der Zentren ersetzt haben, ist selbst in Industrienationen wie den USA oft noch der Fahrkartenschalter selbst in Kleinstädten besetzt.

Worin unterscheiden sich die Anforderungen bzgl. Digitalisierung von Großkunden gegenüber klein- und mittelständischen Unternehmen?

Wir können momentan ganz klar erkennen, dass digitale Lösungen von größeren Kunden eher gefordert werden als von kleinen. Ausnahmen bestätigen aber die Regel und dass muss auch nicht so bleiben. Unsere Strategie ist es deswegen, mit Großkunden operativ einsetzbare Anwendungen zu entwickeln, diese im Praxisbetrieb in den von uns gemanagten Portfolios zu testen und anschließend als Standardanwendung flächendeckend bei allen Kunden, die Interesse haben, auszurollen.

Wir entwickeln eben keine Insellösungen, sondern solche, die sowohl individualisierbar wie skalierbar sind, egal ob für große oder kleine Portfolios oder Kunden.  

Welche Branchen zeigen das größte Interesse, wenn es um Digitalisierung im FM geht?

Unsere Lösungen zur bequemeren und besseren Nutzung von Gebäuden stoßen quer über alle Branchen auf großes Interesse, geradezu auf Begeisterung. Das ist auch wenig überraschend, da wir inzwischen alle durch E-Commerce oder beim Reisen die Annehmlichkeiten und Vorteile von digitalen und mobilen Kundenlösungen kennen und schätzen. Viele Unternehmen haben zudem längst erkannt, dass die User Convenience am Arbeitsplatz einen erheblichen Faktor bei der Mitarbeiterzufriedenheit und -bindung darstellt. Das merken wir als FM-Anbieter schon mit den gestiegenen Erwartungen zum Beispiel an die Qualität der Betriebskantinen. Wir ergänzen dort zum Beispiel unseren Service in den von uns betriebenen Betriebsrestaurants mit einer Nutzer-App, mit der man nicht nur die aktuellen Speisenpläne, sondern auch die jeweiligen Rezepte oder den Nährstoffgehalt der Gerichte abrufen kann.

Welche Leistungen können FM-Anbieter übernehmen, was müssen die Unternehmen selbst anpacken?

Lassen Sie mich das so beantworten: Immobiliendienstleister müssen kurzfristig über eine digitale IT-Plattform verfügen, die für alle möglichen Kunden- oder auch Geschäftspartnerlösungen anschlussfähig ist: Apleona arbeitet gerade mit Hochdruck an einer solchen Plattform, dem Apleona Eco-System. Wir wollen in der Lage sein, je nach Wunsch auf oder mit den Systemen des Kunden zu arbeiten oder Lösungen Dritter zu integrieren, weil wir eben sicher nicht alles selbst entwickeln können, sollen und wollen.

Seit rund 25 Jahren sprechen wir über Computer Aided Facility Management. Heute tun alle so, als wäre Digitalisierung das nächste große Ding und absolutes Neuland. Wurde in den letzten 25 Jahren nur geredet und nichts gemacht, bzw. zu wenig erreicht?

Die Möglichkeit Daten zu sammeln, in Echtzeit zu übertragen und über Künstliche Intelligenz zu analysieren und etwa durch Automatisierung schnell und nahezu fehlerlos zu verarbeiten, wird auch die Immobiliendienstleistungsbranche komplett umkrempeln. Die Frage ist in welchen Zeiträumen. Da zitiere ich gerne meinen Kollegen Herr Weixler, der sich bei der Präsentation der Lünendonk Studie so geäußert hat: Die Auswirkung der Digitalisierung wird in Hinblick auf den Zeitraum von zwei Jahren völlig überschätzt, auf zehn Jahre gesehen aber völlig unterschätzt.

Sie haben mit IBM eine Entwicklungspartnerschaft für digitale und cloudbasierte Anwendungen geschlossen und arbeiten an Predictive Maintenance (vorausschauende Wartung), Office Space Utilization (Arbeitsplatz- und Flächennutzung mit der Möglichkeit von Forecasts zur erwarteten Auslastung) sowie automatisierte Lösungen für Empfangs- und Conciergedienste: Können Sie Details zu den einzelnen Lösungen verraten?

Wir arbeiten zusammen mit unseren Kunden momentan gleichzeitig an mehr als 20 verschiedenen Lösungen, die sich in unterschiedlichen Entwicklungsstadien befinden. Das reicht von der Problemskizze und ersten Lösungsentwürfen über Testphasen von sogenannten MVPs (Minimal Viable Products) bis hin zum konkreten Einsatz von weitentwickelten Produkten im Realbetrieb. In der Konzernzentrale von IBM selbst ist zum Beispiel unsere Buchungslösung für das dortige Konferenzsystem bereits erfolgreich im Einsatz und wird immer weiter verbessert mit dem Ziel, diese Lösung flächendeckend im ganzen Portfolio auszurollen. 

Wie genau kann man sich die Zusammenarbeit und die Aufgabenaufteilung in der IBM Cloud Garage vorstellen?

Ähnlich wie in einem Startup-Unternehmen, sitzen alle Stakeholder – Produktverantwortliche, Architekten, Designer, Entwickler und Nutzer – an einem Tisch, um gemeinsam an einer Lösung zu arbeiten. Das Apleona Kernteam von fünf Dienstleistungsspezialisten jeweils ergänzt durch weitere Experten, je nach Case, bringt die FM-Expertise ein. Immer rückgekoppelt an die jeweiligen Kundenwünsche. Das Team in der IBM Cloud Garage arbeitet und funktioniert schnell, mit flachen Hierarchien und kurzen Entscheidungswegen. Der iterative Prozess umfasst die Entwicklung von der Idee zu einer ersten Minimalanwendung bis zu einem skalierbaren und in der Fläche einsetzbaren Produkt. Und das bei denkbar kurzen Entwicklungszeiträumen.

Was hat IBM von der Entwicklungspartnerschaft?

Das müssen Sie eigentlich IBM fragen. Wir sind seit mehr als 15 Jahren Dienstleistungspartner von IBM und setzen diese Partnerschaft in umgekehrten Rollen jetzt bei der Entwicklung von digitalen Lösungen fort. Wir sind sehr stolz, dass wir bei der Cebit Co-Aussteller am IBM-Stand sein durften und umgekehrt freuen wir uns sehr, dass IBM mit uns zusammen bei der Expo Real gemeinsam entwickelte Lösungen präsentiert

Cloudlösungen ziehen stets Fragen nach der Datensicherheit nach sich. Ist das bei Ihren Kunden noch ein Thema oder ist das Problem mittlerweile gelöst?

Unsere Cloud Anbieter zählen zu den weltweit größten und bedienen Kunden auf allen Kontinenten der Erde. Wir haben hohes Vertrauen in ihre Standards. Zudem können unsere Kunden festlegen, an welchem Ort und mit welchen jeweils geltenden Standards, ihre Daten in der Cloud gespeichert werden.

Sowohl die Anbieter als auch die Auftraggeber von FM-Leistungen klagen derzeit über einen eklatanten Fachkräftemangel. Um die Herausforderungen der Digitalisierung zu meistern, bedarf es eines speziellen Know-hows. FM-Dienstleister sind bislang für hochqualifizierte IT-Experten nicht die erste Wahl, wenn es um die Jobwahl geht. Mit welchen Argumenten können Sie entsprechende Fachkräfte überzeugen, bei Ihnen anzuheuern?

Auch da hilft die Partnerschaft mit IBM.