Jochen Keysberg begibt sich auf Übernahmekurs

Das Interview führten Lars Wiederhold und Ulrich Schüppler von der Immobilien Zeitung.

Apleona-CEO Jochen Keysberg erwartet eine Konsolidierungswelle für den deutschen FM-Markt. Dann will Apleona deutlich stärker als bisher auf anorganisches Wachstum setzen. Organisch wird der Dienstleister in diesem Jahr trotz der Corona-Krise voraussichtlich ebenfalls weiter zulegen. 

Apleona kommt im Facility-Management derzeit sein großer Schwerpunkt auf technischen Dienstleistungen zugute. „Die Corona-Krise hat das FM in verschiedenen Abstufungen erreicht“, sagt CEO Jochen Keysberg. Das Catering und das Eventmanagement seien hart getroffen worden. Teils ist in diesem Feld bei Apleona auch Kurzarbeit ein Thema, z.B. bei Großaufträgen in der Alten Oper oder in der Commerzbank Arena, jeweils in Frankfurt. Das Reinigungsgeschäft habe es mittelstark erwischt. „Es kommt aber wieder“, berichtet Keysberg. Nachdem in vielen Immobilien die Reinigungsleistungen zurückgefahren wurden, weil die Mitarbeiter ins Homeoffice geschickt wurden, kämen nun immer mehr Mitarbeiter wieder zurück und damit auch die Aufträge. Im Unterschied zum infrastrukturellen Facility-Management sei das technische kaum betroffen, sondern hat sich in Summe in der Krise sogar positiv entwickelt. „Unser Auftragsvolumen ist in den vergangenen drei Monaten gegenüber dem Vorjahreszeitraum gewachsen“, sagt Keysberg.

Für den Umsatz im Gesamtjahr 2020 erwartet der CEO ebenfalls ein „vernünftiges organisches Wachstum“. „Wie schon in der Krise 2008/2009 zeigt sich das FM als relativ krisenfest.“ Auch wenn sich Teile der Dienstleistungspalette als weniger krisenresistent erwiesen haben als andere, soll es nur zu Umstrukturierungen kommen, wenn sich Geschäftsmodelle als „langfristig geschädigt“ herausstellen.

Selbst im besonders von der Corona-Pandemie geplagten Italien sei Apleona „auf Kurs“, weil Industriekunden dort trotz der Krise durcharbeiteten und sich Sonderaufträge wie z.B. der Bau von Zeltstädten auftaten. Auch künftig will Apleona auf Auslandsaktivitäten setzen. Dabei seien länderübergreifende Aufträge mit einem größeren deutschen und einem kleineren Auslandsanteil besonders interessant.

Der Transfer vieler Mitarbeiter ins Homeoffice habe besser funktioniert als erwartet und der Krankenstand sei niedrig geblieben. Das Aufrüsten der IT in den Vorjahren habe sich beim Ausbruch der Corona-Pandemie als Glücksfall erwiesen. „Es hat uns im richtigen Moment erwischt“, sagt Keysberg.

Seinen Auftragsbüchern hat Apleona zuletzt einige große Mandate hinzufügen können. Dazu zählt das integrierte FM für alle deutschen Standorte von Bombardier Transportation. Das Mandat umfasst rund 1 Mio. m² Fläche. Apleona übernimmt für die Schienenverkehrssparte des Bombardier-Konzerns neben technischen und infrastrukturellen Aufgaben für die Gebäude und gebäudetechnischen Anlagen auch produktionsnahe Leistungen. Die Zusammenarbeit wird im Ausland noch ausgebaut.

Ebenfalls das integrierte FM übernimmt Apleona für alle Standorte der SGS-Gruppe Deutschland, zu denen z.B. Gebäude des SGS Instituts Fresenius zählen. Der Auftrag betrifft insgesamt eine zu bewirtschaftende Fläche von knapp 100.000 m².

Keysberg sieht gerade in Deutschland im sogenannten First-Generation-Outsourcing – d.h. der Auftraggeber erbrachte das FM zuvor immer in Eigenregie – viel Wachstumspotenzial. Gewachsen ist der Dienstleister zuletzt deutlich. Im vergangenen Jahr belegte er mit rund 1,66 Mrd. Euro (+95 Mio. Euro gegenüber 2018) den zweiten Rang in der Lünendonk-Liste der umsatzstärksten Facility-Manager hierzulande. Davor lag mit 1,7 Mrd. Euro nur noch der Gebäudetechniker Spie, der seit Jahren eine Firma nach der anderen übernimmt.

Während sich Apleona im Vergleich zu Spie mit dem anorganischen Wachstum – mit Ausnahme vom Einstieg in Proptechs wie Recogizer – bislang dezent zurückhielt, will sich das Unternehmen nun gleich mehrere Kandidaten aus dem klassischen Facility-Management vornehmen. „Dem deutschen Markt steht eine Konsolidierung bevor“, prophezeit Keysberg. Bislang sei das Facility- Management hierzulande nicht verkaufsaffin gewesen, das habe sich durch die Corona-Krise aber geändert. Jetzt würden auch größere Unternehmen, „nachdem der Familienrat getagt hat“, einen anderen Kurs einschlagen. Diese Gelegenheit will Apleona nutzen.

Eine geplante Übernahme war bereits durch eine Veröffentlichung des Bundeskartellamts im März bekannt geworden. Demnach will Apleona HSG BS alle Anteile am Bonner Unternehmen CSG.PB erwerben, das für das Property- und Facility-Management von Niederlassungen und Filialen der Postbank zuständig ist. Mit dem Kauf dürfte sich das Auftragsvolumen für Apleona nicht unerheblich erhöhen.