CEO-Interview: Corona-Tracing im Büro

Das Gespräch führte Roswitha Loibl vom immobilienmanager Verlag.

Um das Ansteckungsrisiko mit dem Corona-Virus am Arbeitsplatz zu mindern, hat der Immobiliendienstleister Apleona ein Warnsystem für das Smartphone entwickelt. Wir sprachen mit CEO Dr. Jochen Keysberg darüber.

In den kommenden Tagen will Bundesgesundheitsminister Jens Spahn die Corona-Warn-App der Bundesregierung vorstellen. Das Warnsystem von Apleona für das Büro ist bereits im Einsatz. Was dieses System kann, erläutert CEO Dr. Jochen Keysberg im Interview mit immobilienmanager.

Was hat Sie geleitet bei der Idee, ein handygestütztes Tracing-System zu entwickeln?

Um es gleich klarzustellen: Wir wollen keinen Ersatz liefern für die Warn-App der Bundesregierung. Aber diese App verfolgt nur Kontakte, die mit einer Distanz von weniger als 1,5 Metern erfolgt sind. Gerade bei der Ansteckung durch Aerosole ist jedoch die Frage relevant, wie viele Personen sich wie lange in einem Raum aufgehalten haben, auch in einem größeren Abstand als 1,5 Meter. Das erfasst unser System.

Warum haben Sie keine App dafür entwickelt, sondern gehen über QR-Codes, die man mit dem Handy einscannt?

Wir haben bereits Erfahrung mit Workplace-Apps. Dabei mussten wir feststellen, dass die IT-Sicherheitsanforderungen von Unternehmen die Einführung stark bremsen. Bei vielen Corporates dürfen nur Apps aus dem unternehmenseigenen App-Store auf die Diensthandys geladen werden. Bis eine App dort zur Verfügung steht, kann es mehr als ein Jahr dauern. Wir aber wollen eine schnelle Lösung liefern, die zudem auch von Besuchern genutzt werden kann.

Wie ist eine Identifizierung von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen – und damit auch einen Warnung – überhaupt möglich, wenn das System anonym funktioniert und auch keine App nötig ist? Irgendwo müssen doch Daten gespeichert werden?

Jeder Raum hat seinen eigenen QR-Code, der als Ausdruck an einer Wand hängen kann oder auf die Tische geklebt ist. Wenn ein Mitarbeiter einen Raum betritt, muss er diesen QR-Code einscannen. Beim erstmaligen Scannen wird eine Benutzer-ID für diesen Mitarbeiter erstellt und ein Cookie auf seinem Mobiltelefon angelegt. Diese ID ist damit fest auf dem Gerät gespeichert. Die Information, in welchen Räumen sich die Person aufgehalten hat, wird nach drei Wochen gelöscht.

Wenn nun ein Kollege an Covid-19 erkrankt ist: Wie erfährt der Mitarbeiter, ob er sich mit dieser Person im selben Raum aufgehalten hat?

Die zuständige Abteilung, also zum Beispiel die Personalabteilung, kann die Kontaktkette der erkrankten Person abrufen. Wenn sich die Kollegen dann per QR-Code in ihrem Büro anmelden, erhalten sie eine Alarmmeldung, wenn sie sich in den Vortagen gleichzeitig mit dem Erkrankten in einem Raum aufgehalten haben. Es gibt bei unserem System auch die Möglichkeit, seine E-Mail-Adresse zu hinterlegen. Dann funktioniert die Informationskette noch schneller, weil jede Kontaktperson persönlich – aber eben nicht mehr anonym – benachrichtigt werden kann.

Die Belegung von Räumen lässt sich in smarten Büros auch über eine bereits installierte Sensorik erfassen. Wozu also ein weiteres System?

Die Sensorik stellt nur fest, wie viele Personen sich in einem Raum aufhalten. Ob es fünf Mal dieselbe Person war oder fünf unterschiedliche Menschen, das erfasst sie nicht. Für die Reinigung eines Raumes zur Infektionsvorbeugung ist das aber sehr relevant. Unser System kann nämlich auch darüber informieren, wann zuletzt gereinigt wurde. Das hilft bei der Entscheidung, ob man einen Raum nutzt oder sich lieber einen anderen Platz sucht. Was eine Sensorik ebenfalls nicht kann: schnell alarmieren.

Sie haben Ihr System bei Apleona im eigenen Hause getestet. Wie viele Mitarbeiter haben sich beteiligt?

Wir haben den Test seit gut drei Wochen laufen. Mehr als 300 Mitarbeiter machen mit.

Wie schätzen Sie generell die Bereitschaft zum Mitmachen ein?

Im Office halte ich sie für relativ hoch, anders als im privaten Umfeld, wo man nicht getrackt werden möchte.

Was halten Sie von der bundesweiten Corona-Warn-App?

Ich möchte sie nicht bewerten, aber ich versichere Ihnen: Sobald es sie gibt, habe ich sie auf meinem Handy.