Apleona setzt verstärkt auf integriertes FM

Jochen Keysberg erwartet, dass FM-Dienstleister im Rahmen der Digitalisierung künftig zusätzliche Aufgaben übernehmen werden.
Quelle: Immobilien Zeitung 1-2/2023, Urheber: Florian Hartmüller

Der FM-Spezialist Apleona integriert zunehmend mehr Leistungen in sein Angebot. CEO Jochen Keysberg berichtet von einem großen Interesse der Kunden. Digitalisierung und ESG-Vorgaben der Politik tragen zu dieser Entwicklung entscheidend bei. Um die Nachfrage befriedigen zu können, wird weiteres Personal benötigt. Dieses findet das schnell wachsende Unternehmen auch im Ausland.

Fachkräftemangel, Digitalisierung, Dekarbonisierung: Gleich mehrere Trends forcieren laut Jochen Keysberg, CEO von Apleona, die Bündelung des Facility-Managements bei großen Dienstleistern. Eine wichtige Rolle nimmt dabei das integrierte Facility-Management (IFM) mit „outputorientierten Verträgen“ ein. Diese machen inzwischen rund 25% des Gesamtvolumens von Apleona aus. „Das ist eine extrem hohe Quote, die überproportional wächst“, so Keysberg, sowohl bei Apleona als auch am Markt. „Immer mehr Kunden entscheiden sich, dieses größere Outsourcing zu machen.“

Neben Einsparungen und Transparenz biete IFM Kunden die Möglichkeit, schnell auf Entwicklungen zu reagieren. Denn innerhalb kurzer Zeit lässt sich dadurch eine Strategie im gesamten Portfolio umsetzen, ohne mit einer Vielzahl von Dienstleistern sprechen zu müssen. „In der Krise können sich die Leute auf ihre Kernprozesse fokussieren“, beschreibt Keysberg den Vorteil. Für Dienstleister sei es beim IFM wichtig, über Landes- und Servicegrenzen hinweg zu arbeiten. „Ein Kunde, der Ihnen einen solchen Vertrag gibt, will alles aus einer Hand haben, der denkt oft in Sparten seines eigenen Konzerns und nicht in Regionen.“ Gefordert werde „eine klare Key-Account-Struktur“. Apleona hatte beim IFM zuletzt zunehmenden Erfolg bei nichtdeutschen Kunden. „Wir propagieren dabei immer eine relativ hohe Eigenleistungsquote, egal ob in Deutschland oder im Ausland“, sagt Keysberg. Im technischen Bereich strebt Apleona einen Wert von um die 80% an. Bei großen IFM-Aufträgen soll dieses Ziel aber in der Regel erst nach zwei Jahren erreicht sein. Denn das Personal für diese umfangreichen Mandate muss oft erst noch gefunden werden.

Angesichts des Fachkräftemangels setzt Apleona seit vergangenem Jahr verstärkt auf Recruiting in Nicht-EU-Staaten. 70 Mitarbeiter wurden so 2022 nach Deutschland geholt, Tendenz steigend. Der „Zielkorridor“ für 2023 liegt zwischen 100 und 200 Personen. Dabei geht es um technische Mitarbeiter, also Elektriker, Elektroingenieure und Projektleiter. Zu den für die Anwerbungen interessanten Staaten gehören unter anderem die Türkei, Iran, Ägypten und Indien. „Das wird den Fachkräftemangel nicht alleine lösen, ist aber ein zusätzliches Modul“, erklärt Keysberg. Um die neuen Mitarbeiter in Deutschland aufnehmen zu können, brauche es klare Strukturen und Erfahrung im Umgang mit Behörden. Bei Apleona gibt es daher spezielle Welcome-Manager. „Wir wollen Leute haben, die sich dauerhaft integrieren und hier arbeiten wollen.“ Aus der Ukraine habe es im vergangenen Jahr keinen Nettozuwachs beim Personal gegeben. Vielmehr seien Mitarbeiter dorthin aufgebrochen, um das Land in der Kriegszeit zu unterstützen. Dem Fachkräftemangel will Apleona auch durch eine Professionalisierung des Recruiting-Prozesses begegnen. „Es gibt ganz klare Zuständigkeiten, ganz klare Zeitverweildauern, wie lange eine Bewerbung irgendwo liegen darf“, sagt der CEO. Wer hier zu langsam sei, verliere viele gute Bewerber.

Generell ist die Professionalisierung der Prozesse ein wichtiges Thema für Keysberg. Daran arbeite Apleona seit vier bis fünf Jahren „unheimlich intensiv“. Für eine Branche, die in den vergangenen 20 Jahren stark gewachsen ist und eine „dezentrale Herkunft“ hat, sei das „nicht natürlich gegeben“. Zusätzliche Effizienz soll durch die vier Schritte „standardisieren, optimieren, digitalisieren, automatisieren“ geschaffen werden. „Aus meiner Sicht ist das die einzige Chance, um nachhaltig wachsen zu können.“ Beim Optimieren operativer Prozesse geht es zum Beispiel um klar vorgegebene Wartungszeiten für bestimmte Teile der Gebäudetechnik. Die entsprechenden Informationen werden digital erfasst, sodass einem beauftragten Mitarbeiter gleich die notwendigen Ersatzteile mitgegeben werden können und er auf einem Tablet die richtigen Formulare parat hat. Angesichts von Mitarbeiterknappheit sei es außerdem wichtig, „dass Leute entsprechend ihrer Ausbildung und ihren Fähigkeiten eingesetzt werden“.

Daneben spielen modulare Produkte, die einerseits auf verschiedene Immobilientypen eingehen, die Apleona aber andererseits mit dem vorhandenen Personal realisieren kann, eine große Rolle. „Es bringt mir nichts, wenn ich Spezialprodukte mache, wenn es bei uns in der Firma nur zehn Leute gibt, die sie umsetzen können. Wir haben viele Techniker vor Ort, aber das sind nicht alles welche, die komplexe Heizungsanlagen steuern, geschweige denn ausbauen können.“ Etwa beim hydraulischen Abgleich müsse man „vernünftige Vereinfachungen finden“, mit denen sich dennoch ein Großteil des Effekts erzielen lässt. So könne man den Abgleich zum Beispiel nicht raumbezogen, sondern gebäudeabschnittsbezogen vornehmen. „Es ist besser, wenn ich 100% meines Portfolios auf 80% bringe als wenn ich 10% auf 100% bringe.“

In Bezug auf die Dekarbonisierung hat der Preisanstieg für Energie infolge des Ukraine-Kriegs nach Keysbergs Einschätzung bei institutionellen FM-Kunden mehr bewirkt als Regulatorik. „Wir haben eine enorm hohe Nachfrage nach Transparenzdienstleistungen und einfachen Maßnahmen zur CO2-Reduzierung.“ Er rechnet nicht damit, dass große bauliche Maßnahmen, die mit hohen Investitionen zusammenhängen, in den nächsten zwei bis drei Jahren in nennenswertem Umfang umgesetzt werden. Keysberg erwartet jedoch, dass dann die Ressourcen „extrem knapp“ sein werden. Facility-Manager, die sowieso schon in den Immobilien tätig sind und diese gut kennen, würden daher zusätzliche Aufgaben übernehmen.

In Bezug auf Transparenz durch digitale Tools steigt der Anspruch der Kunden laut Keysberg „täglich“. Apleona begegnet dem mit einer selbst entwickelten digitalen Plattform, in die verschiedene Lösungen integriert werden können. Sie ist inzwischen bei den 200 größten Kunden im Einsatz. Auf der passenden App gibt es schon mehr als 5.000 Nutzer, wobei sich die Zahlen „fast exponentiell“ erhöhen. Eine einzelne Applikation zu verkaufen, ist Keysberg zufolge schwierig. In der Zukunft sollte der Facility-Manager daher nach seiner Ansicht der „Integrator“ für alle digitalen Lösungen in einem Gebäude werden. Eine Vielzahl von Informationen könnte dann über ein Dashboard abgerufen werden. Durch „Reporten in Echtzeit“ ist zum Beispiel direkt einsehbar, ob ein Auftrag vom Kunden zu spät erteilt oder vom Dienstleister zu spät ausgeführt wurde.

Das wird das Verhältnis zwischen Asset-, Property- und Facility-Managern verändern, prognostiziert Keysberg. Gerade beim Thema ESG sei die momentane Aufteilung der Zuständigkeiten aufgrund verschiedener Kompetenzen und gegebenenfalls Interessen nicht hilfreich. „Dekarbonisierung und Digitalisierung werden dazu beitragen, dass das Governance-Modell irgendwann nicht mehr so existieren wird, wie es heute existiert.“

Auch Apleona als Ganzes verändert sich und wird stetig größer. Das organische Wachstum in der Gesamtgruppe lag zuletzt „deutlich über 10%“, berichtet Keysberg. „Wir gehen davon aus, dass wir im nächsten Jahr in gleicher Größenordnung wachsen werden.“ Eine bedeutende Rolle spielt dabei neben dem IFM nach wie vor das Flächengeschäft in Deutschland. Dazu tragen große Verträge aus der Logistikbranche bei, etwa mit Mileway und Prologis. Auch weil es möglich ist, mit den Kunden zu wachsen, handelt es sich Keysberg zufolge um „eine sehr dankbare Branche“. Im vergangenen Jahr hat Apleona zudem Unternehmen in Österreich, Polen, dem Vereinigten Königreich und Irland übernommen. Die Strategie gezielter Käufe soll fortgesetzt werden. Dabei geht es international ausschließlich um Unternehmen, die Leistungen aus dem technischen und dem integrierten FM erbringen. Keysberg würde Apleona gerne „in dem einen oder anderen Land in Europa“ zum Marktführer machen. Und auch in der Bundesrepublik besteht Potenzial: „Dass wir noch kein Unternehmen in Deutschland gekauft haben, heißt nicht, dass wir dort nicht noch einiges in der Pipeline haben.“

Florian Hartmüller und Lars Wiederhold